Historisches Ambiente des Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt

Nach dem Tod des Kurfürsten Friedrich AUGUST I. wurde das Gelände 1735 an den Grafen Heinrich von BRÜHL verkauft. Unter Leitung des Architekten KNÖFFEL erfolgte ein Umgestaltung des Palais durch Anbau eines Seitenflügels und einer Orangerie. Der Garten auf dem Grundstück wurde zu einer prachtvollen Parkanlage im Stile des Barock gestaltet. Im Süden des Parks entstand der Neptunbrunnen. Er ist die größte erhaltene Brunnenanlage aus dem 18. Jahrhundert und gilt als einer der schönsten Brunnen der Stadt Dresden.

Neptunbrunnen

1763 starb BRÜHL und mit seinem Tod begann der Verfall von Palais und Garten, bis 1774 Graf Camillo MARCOLINI, Kabinettsminister und Direktor der Porzellanmanufaktur Meißen, das Grundstück erwarb. Durch die unter Graf MARCOLINI erfolgten Umbauten am Palais entstand die Grundlage für die bis heute bestehende äußere Ansicht des Hauptgebäudes (Haus A) des späteren Krankenhauses.

Im Jahr 1813 nutzte NAPOLEON I. das Marcolinipalais als Hauptquartier. Am 28.06.1813 fand hier die historisch bedeutsame Begegnung zwischen NAPOLEON I. und dem österreichischen Kanzler Fürst METTERNICH statt. Mit den Worten: "Es kann mich den Thron kosten, aber ich werde die Welt in ihren Trümmern begraben" lehnte NAPOLEON I. ein Friedensangebot ab und bereitete damit seine Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig vor. Nach dem Rückzug von NAPOLEON mußte MARCOLINI nach Prag ins Exil gehen.

Nach dem Tod des Grafen MARCOLINI kam das Grundstück in bürgerlichen Besitz. Durch zahlreiche Umbauten entstanden Mietwohnungen der gehobenen Klasse. In einer der Wohnungen lebte von 1847 bis 1849 der Dresdner Hofkapellmeister und Komponist Richard WAGNER.

Aufgrund der immer unzulänglicher gewordener Krankenhausverhältnisse in Dresden wurde 1845 der Entschluß gefaßt, das Marcolinische Palais zu erwerben und zum Stadtkrankenhaus umzubauen. Noch während des Umbaus mußten bereits die ersten Patienten behandelt werden: Es waren Verwundete des Maiaufstandes von 1849. Die offizielle Eröffnung fand am 27.11.1849 statt. Das neue Stadtkrankenhaus hatte in 53 Stuben Kapazitäten für die Behandlung von 260 Patienten.

Das zum Stadtkrankenhaus umgebaute Palais um 1850

Zeitgenössischen Berichten zufolge genoß das Krankenhaus von Beginn an einen sehr guten Ruf, zum einen aufgrund seiner modernen Ausstattung, zum anderen durch die Anstellung wissenschaftlich herausragender Persönlichkeiten. Stellvertretend für viele seien die Chirurgen ZEIS, FROMME und FORSSMANN, der Urologe NITZE, die Internisten PÄßLER und BEICKERT, die Pathologen ZENKER, BIRCH-HIRSCHFELD, NEELSEN und SCHMORL, der Gynäkologe GANSE und der Dermatologe WERTHER genannt.

In der Literatur wird das Jahr 1846 als das Geburtsjahr der modernen Anästhesie angegeben. Am 16.10.1846 führte der Zahnarzt William T. MORTON in Boston erfolgreich die erste öffentliche Äthernarkose bei einer Operation durch. Die anästhesierende Wirkung des Äthers und auch des Lachgases waren jedoch bereits einige Zeit zuvor erkannt und versuchsweise genutzt worden. Auch in der Zeit weit vor 1846 erfolgten operative Eingriffe teilweise unter "Narkose" durch Verwendung von Opium, Alkohol oder "wundertätigen Kräutern", mitunter jedoch mit einer gravierenden Nebenwirkung: die Patienten erwachten nicht mehr aus dem Schlaf.
Nur ein Jahr nach der ersten erfolgreichen Präsentation einer Allgemeinnarkose mittels Äther war diese Narkoseform in Deutschland bekannt geworden, im gleichen Jahr wurde in Deutschland die Betäubung mit Chloroform eingeführt. Bis zur Entstehung einer eigenständigen Fachdisziplin "Anästhesie" sollte es in Deutschland jedoch noch über hundert Jahre dauern. Bis zu dieser Zeit war die Durchführung einer Allgemeinnarkose eine Angelegenheit des chirugischen Fachgebietes, dabei bediente sich der Operateur im allgemeinen eines chirurgischen Assistenten oder einer Narkoseschwester.

1849 wurde in Dresden-Friedrichstadt ein neues Stadtkrankenhaus eröffnet. Als 1. Oberarzt der Chirurgischen Abteilung wurde Eduard ZEIS berufen (1849 - 1868). ZEIS kannte die Äthernarkose seit 1847 aus seiner Zeit in Marburg. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erfolgten die Eingriffe, zu denen eine Vollnarkose notwendig war, jedoch vorwiegend unter Verwendung von Morphium und Chloroform. Unter Oskar Wilhelm STELZNER, Leiter der Chirurgischen Abteilung am Stadtkrankenhaus von 1881 bis 1900, wurde die Äthernarkose aufgrund ihrer besseren Anwendbarkeit und ihrer geringeren Nebenwirkungsrate wieder verstärkt durchgeführt. Daneben hatte es in dieser Zeit in Deutschland große Fortschritte auf dem Gebiet der Anwendung lokalanästhetischer Verfahren gegeben. 1904 lag die Anzahl operativer Eingriffe im Stadtkrankenhaus bei 1208, davon fanden 844 Eingriffe in Narkose statt.

Als eigene "Heimstätte" der Chirurgie wurde auf dem Krankenhausgelände im Jahr 1874 das "Neue Haus" (heute Haus N) eröffnet. Darin wurden die Patienten der "Äußeren Abteilung", später "Chirurgische Abteilung", behandelt. Um die Möglichkeiten für die operative Chirurgie zu verbessern, wurde 1882 in einem Anbau am "Neuen Haus" ein größerer Operationssaal eingerichtet. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgten unter Albert FROMME (Klinikleiter der Friedrichstädter Chirurgischen Abteilung von 1921 bis 1956) weitere umfangreiche Umbaumaßnahmen am Haus N, in deren Folge die Operationssäle mit modernen Überdruck-Narkosegeräten (Modell Tiegel-Henle-Haertel) ausgestattet wurden.
Wegen der Bombenangriffe gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Teile der Friedrichstädter Klinik in die Krankenanstalten nach Arnsdorf verlegt. Nach dem verheerenden Bombenangriff auf die Stadt Dresden am 13.02.1945 mußte das Krankenhaus aufgrund des Ausfalls der Wasser- und Stromversorgung komplett geräumt werden, obwohl die eigentlichen Zerstörungen auf dem Krankenhausgelände im Vergleich zur Innenstadt gering waren. Nach der Rückverlegung erfolgte bis zum Kriegsende die weitere Versorgung der Dresdner Bevölkerung in Kellerstationen. Nach Ende des Krieges begann der Wiederaufbau. Ende 1946 war der Operationsbetrieb im Haus N wieder möglich.

Die ständige Weiterentwicklung der Technologien und der medizinische Fortschritt auf dem Gebiet der Anästhesie führte im englischsprachigen Raum bereits in den dreißiger Jahren zu einer Spezialisierung des Fachgebietes in Verbindung mit einer Trennung von der Chirurgie. 1935 wurde in England zum ersten Mal ein Facharztdiplom für Anästhesiologie erteilt.
Die eigenständige Entwicklung der Anästhesie in Deutschland begann erst mit Beginn der fünfziger Jahre. Dabei spielte auch die Teilung Deutschlands eine Rolle. In der DDR wurde 1956 die Anästhesiologie als selbständiges Fach vom Ministerium für Gesundheitswesen anerkannt. Seit 1958 wurde der Facharzttitel nach einer mündlichen Prüfung erteilt Die Sektion "Anästhesiologie der Deutschen Gesellschaft für klinische Medizin in der DDR" wurde 1964 gegründet. 1967 erfolgte die Umbenennung zur "Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation der DDR", ab 1980 war es dann die "Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivtherapie" (GAIT).

Besondere Bedeutung für die Entwicklung der Anästhesie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt hatte Hans Dietrich SCHUMANN (Direktor der Chirurgischen Klinik von 1957 bis 1978). Für das Fachgebiet Anästhesiologie interessierte er sich nicht zuletzt wegen seiner Habilitationsarbeit zum Thema "Druckdifferenzfragen bei Über- und Unterdrucknarkosen". Frühzeitig erkannte er, daß dieses Gebiet gefördert werden muß, um die modernen Anästhesie- und Intensivbehandlungsverfahren in die Klinik einzuführen. 1965 wurde dem internationalen Trend entsprechend im ersten Obergeschoß im Haus N eine chirurgische Wachstation mit acht Betten eingerichtet (Station 33a). Darin wurden frischoperierte Patienten nach ausgedehnten Operationen (Bauchchirurgie, Urologie, Thorakotomie, Schädel-Hirn-Trauma) betreut. Das Monitoring erfolgte durch die klinische Überwachung seitens einer Sitzwache, elektronische Überwachungsgeräte und Beatmungsgeräte waren nicht vorhanden.

(1) OMR Prof. Dr. Schumann und Dr. Hache an der Zentrale der KÜ-A1 
(1) OMR Prof. Dr. Schumann und Dr. Hache an der Zentrale der KÜ-A1

Neben dieser Wachstation gab es für das Fachgebiet Anästhesie in der Klinik keinen weiteren Konzentrationsraum, insbesondere gab es keinen Aufwachraum. Dazu kamen fehlende technische und räumliche Voraussetzungen für einen modernen OP-Betrieb, wie zum Beispiel Notstromversorgung oder Schleusen für Patienten und Personal. Das war der Grund für den Beginn umfangreicher Rekonstruktionsarbeiten, in deren Folge Teile des ersten Stockes im Haus N zur Zentralen Anästhesieabteilung mit Aufwachraum und Intensivpflegestation (Station 34) ausgebaut wurden.

Diese Station war nach vergleichbaren Projekten in Berlin und Jena die dritte mit elektronischen Geräten ausgestattete Intensivstation in der DDR und ging am 14.07.1967 in Betrieb. Sie konnte 13 Patienten in acht Patientenzimmern aufnehmen. An der Kreislaufüberwachungsanlage KÜ-A1 waren 6 Bettplätze angeschlossen, an denen EKG, EEG, Puls, Temperatur und Atmung registriert werden konnten. Ein Bett war mit einer Überwachungsmöglichkeit durch eine Infrarotkamera ausgestattet.

Die Patientenversorgung erfolgte durch 18 Schwestern im Schichtbetrieb, Ärzte waren im Rahmen der Visite und konsiliarisch anwesend. Neben der eigentlichen Patientenversorgung gehörten zum täglichen Arbeitsablauf für die Pflegekräfte Tätigkeiten, wie:

  • Reinigung und Desinfektion von Gebrauchsmaterial (Spritzen, Handschuhe, Sonden)
  • Zimmerreinigung
  • Küchendienst

Daneben war die Ausbildung der Pflegekräfte Bestandteil der Arbeit. Seit 1969 beteiligte sich die Anästhesieabteilung an der Fachschwesternausbildung.

(2) Schwesternarbeitsplatz an der Zentralen Überwachungseinheit
(2) Schwesternarbeitsplatz an der Zentralen Überwachungseinheit

Zur Beatmung auf Station standen zur Verfügung:

  • Bird-Respirator
  • Praktivent 220
  • Praktivent 320
  • Varivent
  • Draeger-Assistor
  • Datex-Engström

Eine dezentrale elektronische Überwachung am Bettplatz war über die EKG-Darstellung mittels Cardioskopen möglich. Behandelt wurden sowohl postoperative und traumatisierte Patienten, als auch internistische Notfälle, wie zum Beispiel Herzinfarkte. 1971 entstand eine eigene internistische Intensivstation unter Leitung der Medizinischen Klinik.

(3) bird Mark 8                   (4) Atemtherapie mit bird Mark 1
(3) bird Mark 8                                                          (4) Atemtherapie mit bird Mark 1

Organisatorisch gehörte die Intensivpflegestation und die anästhesiologische Abteilung zunächst in den Verband der Chirurgischen Klinik. Die fachliche Leitung übernahm der chirurgische Oberarzt Dr. med. Heinz HACHE.
Dr. med. HACHE arbeitete seit 1957 am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt. Nach bestandener Prüfung zum Facharzt für Chirurgie wurde er 1961unter Prof. H. D. SCHUMANN Oberarzt in der Chirugischen Klinik. 1964 absolvierte Dr. med. HACHE erfolgreich die Prüfung zum Facharzt für Anästhesiologie und war danach für den Aufbau der Abteilung für Anästhesie und Intensivtherapie verantwortlich.
Seit 1967 bestanden die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin (bis 1974 "Zentrale Anästhesieabteilung", danach "Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin", später "Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin") und die Chirurgische Klinik als zwei voneinander unabhängige Kliniken im gleichen Haus. Chefarzt wurde Dr. med. Heinz HACHE.

Unter Chefarzt Dr. med. HACHE gab es zahlreiche Veränderungen und Neuerungen in der Anästhesie für den operativen Bereich. Die Intubationsnarkose für bauchchirurgische Eingriffe hatte sich bis Anfang der siebziger Jahre als Standard etabliert. Die letzten Äthertropfnarkosen wurden 1967 durchgeführt, der Ätherverdunster wurde drei Jahre später zum letzten Mal eingesetzt. Moderne Anästhesie- und Beatmungsformen hatten sich durchgesetzt. Halothan war als neuartiges Inhalationsanästhetikum zwar teuer, in Form eines Gemisches aus Halothan und Äther aber praktikabel. Äther und Cyclopropan wurden aufgrund der Explosionsgefahr später verdrängt. Mit der Intubation war die kontrollierte Überdruckbeatmung über längere Zeit möglich. Das Konzept der balancierten Anästhesie, vor allem die Kombination von Inhalations- oder i.v.-Anästhetika mit Lachgas hatte sich durchgesetzt. Ebenso stand mit der Durchführung der Neuroleptanästhesie eine verhältnismäßig gut steuerbare und sichere Methode für lange Operationen zur Verfügung.

Zum ersten Mal im Bezirk Dresden wurde im Jahre 1966 ein Herzschrittmacher dem Dresdner Bürger Willi Schramm eingesetzt. In der Folge wurden zahlreiche Implantationen durchgeführt, von 1967 bis 1981 waren es 3490 Eingriffe. Dem Team gehörte ein Chirurg, ein Kardiologe und ein Anästhesist an.

1960 wurde in Magdeburg der erste ärztlich besetzte Notfallrettungswagen der DDR eingeführt. Im Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt erfolgte ab 1966 die Besetzung der Dringlichen Medizinischen Hilfe im Rahmen eines Schichtplanes.

1971 wurde in Zusammenarbeit zwischen der Chirugischen Klinik und der Zentralen Anästhesieabteilung ein zentrales Blutdepot eingerichtet, das unter der Leitung der Anästhesieabteilung stand.

(5) Herzschrittmacher 1969
(5) Herzschrittmacher 1969

Die achtziger Jahre waren geprägt durch weitere umfangreiche Rekonstruktions­maßnahmen in den OP-Bereichen und auf der Intensivstation. Kernpunkte waren dabei die Modernisierung der OP-Säle mit Klimatechnik und zentraler Gasversorgung, sowie die Schaffung eines neuen Aufwachraumes.

Schwerpunkt im operativen Spektrum in der Allgemeinchirurgie war in dieser Zeit die Bauchchirurgie, insbesondere Operationen an Magen, Speiseröhre und Pankreas. Ein großer Teil der Patienten wurden nach solchen ausgedehnten Operationen auf der Intensivstation weiter betreut.

1987 wurden durch die Klinik für Gefäßchirurgie erstmalig Operationen an der Arteria carotis durchgeführt. Eine der Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung dieser Operation bestand in dem kontinuierlichen intraoperativen Monitoring mittels invasiver Blutdruckmessung und der Messung der Hirnströme, was zu damaliger Zeit einen enormen apparativen Aufwand erforderte.

Ebenfalls 1987 etablierte sich als Spezialgebiet der Unfallchirurgie die Handchirurgie. Als Narkoseverfahren kamen die Biersche Venenanästhesie und die Anästhesie des Plexus axillaris zum Einsatz.

(6) Apparatur zur invasiven Blutdruckmessung
(6) Apparatur zur invasiven Blutdruckmessung

 

Bildnachweis

  1. "Sächsische Zeitung" vom 24.07.1967
  2. "Freiheit" vom 12.09.1967
  3. K. Borchert / H. Hache: Anästhesie und Intensivtherapie - Ein Leitfaden für Fachschwestern und Fachpfleger, Verlag Volk und Gesundheit, Berlin, 1986; S. 227
  4. P. Fasol: Die Therapie der Atemstörung beim schweren Thoraxtrauma, Anästhesist 24, 367-371 (1975)
  5. "Sächsische Neueste Nachrichten" vom 20.07.1969
  6. B. Landauer: Die kontrollierte Hypotension mit Nitroprussidnatrium, Anästhesist 25, 266 - 273 (1976)

Die politische Wende in Deutschland 1989/1990 hatte Auswirkungen auf die Anästhesie in den fünf neuen Bundesländern. Chefarzt Dr. HACHE, seit 1987 Vorsitzender der Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivtherapie (GAIT), war 1990 maßgeblich an den Verhandlungen über einen Zusammenschluß der GAIT und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) beteiligt. Nach bundesdeutschem Vereinsrecht war die geplante Vereinigung jedoch nicht möglich, so daß eine Zusammenführung der Fachgesellschaften aus Ost und West nur in Form eines Beitritts der ostdeutschen Anästhesisten zur DGAI nach Auflösung der GAIT möglich war. Der Beschluß zur Auflösung der GAIT wurde auf der letzten Mitgliederversammlung Ende 1990 einstimmig angenommen.
Mit dem Wegfall der Wirtschaftsgrenzen war der Weg frei für die Erneuerung und Modernisierung der Medizintechnik in der Anästhesie. Im Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt wurden für die KAINS neue Beatmungs- und Infusionsgeräte (Spritzenpumpen, Infusomaten), sowie moderne Reanimationstechnik (u.a. neue Defibrillatoren) angeschafft. Neue Geräte zur maschinellen Autotransfusion (MAT) ermöglichten die perioperativen Einsparung von Fremdblut.

(7) Narkosegerät der 70er Jahre               (8) "Medimorph" aus den 80er Jahren                modernes Narkosegerät
(7) Narkosegerät der 70er Jahre         (8) "Medimorph" aus den 80er Jahren      modernes Narkosegerät

Nachdem 1991 Chefarzt Dr. HACHE in den Ruhestand gegangen war, übernahm Dr. med. Heinz OTTO bis 1992 die Leitung der Klinik für Anästhesiologie. Dr. OTTO war bis zu diesem Zeitpunkt Leitender Oberarzt in der Anästhesie. Unter seiner Führung wurde die 1989 begonnene Rekonstruktion der Intensivstation 34 fortgesetzt. 1995 wurde Dr. OTTO auf die Chefarztstelle der Anästhesiologie im Diakonissenkrankenhaus Dresden berufen.

Im Jahre 1992 übernahm Univ.-Prof. Dr. med. habil. Karl Friedrich ROTHE die Leitung der Klinik. In den nachfolgenden Jahren wurde die  Klinik erfolgreich neu organsisiert und zu einer modernen Einrichtung um- und ausgebaut.
Univ.-Prof. Dr. ROTHE erreichte es in kurzer Zeit, die Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie als eine leistungsfähige Klinik in Sachsen zu etablieren. Es erfolgten weitere bauliche Veränderungen und apparative Umrüstungen: Umbau HNO-OP, Gynäkologie-OP, Zystoskopie und Zentral-OP jeweils verbunden mit der Einrichtung eines Aufwachraums. Auf der Intensivstation wurde die Bettenkapazität auf 16 Beatmungsplätze erweitert. Wie bei allen Rekonstruktionen in den Jahren zuvor mußten dabei Wege und Möglichkeiten gefunden werden, einerseits die baulichen Maßnahmen schnell und sauber durchführen zu können, ohne andererseits den laufenden Klinikbetrieb zu stören oder zu gefährden.

Anerkannte neue Verfahren und Methoden in der Anästhesie oder pharmakologische Neuerungen wurden zügig in den praktischen Ablauf integriert - beispielhaft sei die Einführung der Anästhesiologika Sevofluran, Desfluran, Remifentanyl, Propofol oder Ropivacain genannt.

1993 wurde die Anästhesieambulanz eingerichtet. Dadurch entstand die Möglichkeit der individuellen Aufklärung von Patienten unter Wahrung einer vertraulichen Atmosphäre zwischen Arzt und Patient. Am Anfang waren die Räumlichkeiten in einer Baracke untergebracht. Der Ausbau der Funktionsdiagnostik in der Ambulanz mit EKG und Lungenfunktionsprüfung war 1995 abgeschlossen. Parallel dazu wurden Räumlichkeiten mit der Möglichkeit zur Durchführung der präoperativen Eigenblutspende geschaffen. Seit 2002 befinden sich die Räume der Anästhesieambulanz im neu errichteten Haus B.

1997 ging das neu gebaute Haus H in Betrieb. Im Erdgeschoß wurde eine neue Rettungsstelle mit CT, Schockraum und zwei Eingriffsräumen eingerichtet, in der Etage darüber entstand ein OP-Bereich mit drei OP-Sälen und einem Aufwachraum.

Im August 2002 hieß es im Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt "Land unter".
Am 13.08.2002 war die Weißeritz, ein Nebenfluß der Elbe, über die Ufer getreten und hatte zu ihrem alten Flußbett in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses Anschluß gefunden. Die Folge war eine Überflutung des Krankenhausgeländes mit Ausfall der Strom- und medizinischen Gasversorgung. Das komplette Krankenhaus wurde innerhalb von zwölf Stunden evakuiert.

Am Folgetag war das Wasser der Weißeritz wieder verschwunden, nun war es die Elbe selbst, die durch ihren Pegelanstieg bis zur historischen "Rekordmarke" von 9,40 m den Stadtteil Friedrichstadt zu einer Insel machte und das Krankenhaus erneut überschwemmte. Insgesamt waren 80% der Krankenhäuser in der Stadt Dresden vom Hochwasser direkt oder indirekt betroffen. Mitarbeiter der KAINS waren mit Kollegen anderer Abteilungen und anderer Dresdner Kliniken an der größten Evakuierungsaktion von Krankenhäusern in Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkriegs beteiligt. Dazu gehörte auch die Einrichtung von zwei "Behelfskrankenhäusern" während der Flutkatastrophe.

Evakuierung Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt am 13.08.2002
Evakuierung Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt am 13.08.2002

Unterstützung der Evakuierung Dresdner Krankenhäuser im August 2002 durch die Bundeswehr
Unterstützung der Evakuierung Dresdner Krankenhäuser im August 2002 durch die Bundeswehr

Nachdem das Wasser zurückgegangen war, begannen zügig die Aufräumarbeiten. Anfang September 2002 konnte in Friedrichstadt der OP-Betrieb in einem Schichtdienst wieder aufgenommen werden. Bereits zwei Monate später war die volle OP-Kapazität wieder erreicht.
Von den schweren Schäden, die das Augusthochwasser 2002 hinterließ, ist heute nichts mehr zu erkennen. 

Im Jahr 2003 wurde in unserem Krankenhaus das erste nichtuniversitäre "Anästhesiologische und Notfallmedizinische Simulator­zentrum Dresden-Friedrichstadt" eröffnet. Damit entstand die Möglichkeit, medizinisches Personal in praktischen Übungen auf das richtige Verhalten in allgemeinen und spezielle Notfällen an einem Übungsphantom (SimMan®) zu trainieren. Es wurden spezielle Kurse für anästhesiologische Notfälle und den notärztlichen Rettungsdienst entwickelt.

Bildnachweis

7. H. Nolte und J. Wurster: Kontraindikationen und Komplikationen der Regionalanästhesie, Anästhesist 21 Heft 3 (1972)
8. K. Borchert / H. Hache: Anästhesie und Intensivtherapie - Ein Leitfaden für Fachschwestern und Fachpfleger, Verlag Volk und Gesundheit, Berlin, 1986; S. 39

Ein Meilenstein in der Entwicklung des Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt war die Eröffnung des neuen Interdisziplinären Operativen Zentrums - Haus C.
In dreijähriger Bauzeit ist dieser mit Mitteln des Freistaates Sachsen geförderte moderne Gebäudekomplex auf dem Klinikgelände zwischen Haus N und Haus M entstanden.
Doch mit der schlüsselfertigen Übergabe am 30.05.2007 war es allein nicht getan. Der Umzug des OP-Bereiches "Zentral-OP" (ehemals Haus N) und der anästhesiologischen Intensivstation (ehemals Station 34) war eine logistische Herausforderung, der ohne Inanspruchnahme externer Hilfe unter maßgeblicher Eigenbeteiligung der Mitarbeiter der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie organisiert und durchgeführt wurde. 

Mit dem Bezug der neuen anästhesiologischen Intensivstation C 27 hat nicht nur die Klinik für Anästhesiologie nach 40 Jahren Existenz eine neue "Heimat" erhalten. Es befinden sich zudem im Neubau des Haus C:

  • Stationen der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
  • Stationen der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungs- und Handchirurgie
  • Stationen der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie mit chirurgischer Wachstation
  • OP-Trakt des Zentral-OP mit insgesamt acht Operationssälen
  • Interdisziplinäre Rettungsstelle
  • Hubschrauberlandeplatz
  • Zentrale Krankenhausapotheke
  • Zentralsterilisation

Die gemeinsame Unterbringung dieser Bereiche ist aus logistischen Gründen sinnvoll und verbessert die Effizienz, ein wichtiges Merkmal in Zeiten zunehmender Leistungsverdichtung im medizinischen Bereich. Die Erkenntnisse der Hochwasserkatastrophe 2002, die dem Krankenhaus erheblichen materiellen Schaden zufügte, flossen ebenso in Planung und Umsetzung des Neubaus ein, wie die Erfahrungen und Wünsche der jetzigen Nutzer. Mit Bezug der geräumigen und modern ausgestatteten Intensivstation C 27 im Juni 2007 hat die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin im Jahr ihres 40-jährigen Bestehens ein neues Zuhause gefunden. Bereits zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme am 14.07.1967 wurde der damaligen Intensivstation in regionalen und überregionalen Tageszeitungen und der Fachpresse der Status einer Intensivstation, "die den modernsten Erfordernissen der Zeit entspricht" bescheinigt. Mit dem Bezug des Haus C soll diese Tradition fortgesetzt werden. 

In den 18 Jahren der Leitung durch Univ.Prof. Dr. med. Karl Friedrich ROTHE wurden über 100 Fachärzte und Fachärztinnen ausgebildet. Mehr als 45 Kolleginnen und Kollegen erwarben die Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin". Dreizehn Oberärzte wurden auf eine Chefarztposition berufen. Die Klinik war die erste von der Deutschen Krankenhausgesellschaft anerkannte Weiterbildungsstätte für die "Fachpflege Anästhesie und Intensivtherapie" in Sachsen. Univ.Prof. Dr. med. habil Karl Friedrich ROTHE war der erste Leiter dieser Lehreinrichtung. Alle diese Leistungen sind begründet in den Friedrichstädter Bedingungen einer komplexen anästhesiologischen, intensivmedizinischen, notfallmedizinischen und schmerztherapeutischen Versorgung des Klinikums. Der vorausschauende Aufbau dieser beispielgebenden Leistungsfähigkeit war in deutschen Anästhesieabteilungen sicher noch die Ausnahme, schuf aber in unserem Klinikum günstige Bedingungen für die Versorgung Schwerkranker, vom Polytrauma bis zum multimorbiden onkologischen Patienten. Dafür gebührt Univ.-Prof. Dr. med. habil. Karl Friedrich ROTHE größter Dank. Weit in die Zukunft blickend hat er mit entscheidenden Impulsen für die Weiterentwicklung der Klinik und des Fachgebietes sowie bei der Profilierung seiner Mitarbeiter ein besonderes menschliches und fachliches Gespür  bewiesen. Seit 2008 trägt die Klinik den Namen "Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie"

Am 01.06.2010 trat Herr Dr. med. Andreas NOWAK die Nachfolge als Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie an. Herr Dr. NOWAK ist seit dem Beginn seiner Facharztausbildung im Jahr 1992 mit dem Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt beruflich fest verbunden. Zwischenzeitlich war er in der Intensivmedizin des Universitätsklinikums Tübingen und am Institut für Kardioanästhesie des Herz- und Kreislaufzentrums Dresden tätig. Von Anfang an hat er den Um- und Ausbau der Klinik durch Prof. Dr. ROTHE mit verfolgt und aktiv gestaltet. Seit 2004 war Dr. NOWAK als Leitender Oberarzt der Klinik tätig.
Chefarzt Dr. NOWAK steht als Garant dafür, dass die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen fachlichen, ökonomischen und organisatorischen Gegebenheiten ein sich weiterentwickelnder und leistungsfähiger Dienstleister für die anderen Kliniken bleibt. Beispielgebend dafür sind seine wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema risikominimierender Verfahren für den modernen perkutanen dilatativen Luftröhrenschnitt bei Intensivpatienten.

Im September 2011 wurde dem Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt nach zweijähriger Bauzeit der Ersatzneubau Haus K als neues Zentrum "im Dienste der fünf Sinne" übergeben. Das Haus K beherbergt jetzt an einem Ort die Augenklinik, die Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sowie die Klinik für Dermatologie. Mit dem Umbau wurden der OP-Trakt im benachbarten Haus H umfassend umgestaltet. Die ehemals dezentralen OP-Bereiche für die Augen- bzw. HNO-Klinik wurden dabei in den OP-Bereich des Haus H integriert.

Ganz besonderer Dank gilt Dr. med. Steffen Pankow (ehemals Klinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie). Seine Promotionsarbeit über "Die Geschichte der Chirurgie am Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt" enthielt viele Querverweise zu den Anfängen der Anästhesie und ist Quelle für weitere Recherchen gewesen. Besonderer Dank gilt auch Herrn Dr. med. Heinz Otto (ehemals Klinikleiter der KAINS), Schwester Christa Otto (ehemals KAINS) sowie Frau Alice Hache für die inhaltliche Zuarbeit und die Bildquellen.

Einige Informationen waren nur mündlich überliefert, vielen Dank an Herrn Dr. Otto und Frau Hache für die Überprüfung der historischen Richtigkeit dieser Daten.

Ein Dankeschön auch an Frau Dr. med. Christine Wöldike (KAINS), Schwester Marion Setnik (KAINS) und an alle anderen Mitarbeiter, die mit ihren Informationen, Erzählungen und Dokumenten zum Inhalt dieser Seite beigetragen haben.

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